Xfoil_Worker – Ein kleines Tool zur Profilbearbeitung (2024)

Wer sich häufiger mit dem Entwurf von Profilen beschäftigt, wird sicherlich das ein oder andere Mal an dem Punkt angekommen sein, wo man ein herzhaftes “Jetzt rutsch mir doch den Buckel runter!” vor sich hin murmelt. Nach der der 17. Iteration nochmal alle Profile einer Fläche durchrechnen – und das dann noch für verschiedene Klappenstellungen … Nein!

Xfoil_Worker versucht diesen Punkt („Buckel runter rutschen“) möglichst hinauszuzögern indem er sich wiederholende Arbeitsschritte zu automatisieren hilft.

Das Tool kann nicht viel, kommt ohne Benutzeroberfläche aus, ist daher gar nicht „sexy“, versucht aber die wenigen Sachen, die es kann, möglichst gut und schnell zu erledigen. Gedacht also als hilfreiches, weiteres Werkzeug für den ambitionierten Profil-Werker. Als Windows Kommando-Zeilen-Tool kann es einfach in eine kleine Batch-Datei eingebaut werden, so dass es dann auch per Mouse-Click gestartet werden kann.

Entstanden ist der „Worker“ als Nebenprodukt zu den Arbeiten rund um Xoptfoil-JX zur Profiloptimierung und dem Projekt „Strak Machine“ (more to come …). Der Name „Xfoil_Worker“ weist bereits darauf hin, dass für die meisten Funktion Programmroutinen von Xfoil, dem Klassiker der Profilberechnung, benutzt werden. Daher sollten beispielsweise die mit dem Worker erzeugten Profilpolare denen von Xflr5 oder Profili entsprechen (beide Programme nutzen auch Xfoil im Kern).

Da das Tool nicht für Einsteiger gedacht ist, möchte ich auch bei der folgenden kurzen Beschreibung der Funktionen gewisse Vorkenntnisse voraussetzen.

Normalisieren von Profilen

Das Ausgangsprofil wird „re-paneled“ (Defaultwert 200 Punkte), gedreht und normiert, so dass der Nasenpunkt genau bei 0,0 – und die Mitte der Endleiste bei 1,0 liegt.

Eine kleine Besonderheit findet an der Profilnase statt: Bei vielen Profilen unterscheidet sich der „linkeste Punkt der Profil-Koordinaten“ vom „echten, virtuellen Nasenpunkt einer gedachten Kurve durch die Koordinaten“. Der Worker bestimmt diesen „echten Nasenpunkt“ eines Profils und versucht entweder eine bestehende Profilkoordinate auf diesen Punkt zu schieben oder aber fügt einen neuen Koordinatenpunkt für diese Nase ein. Daher hat das erzeugte Profil häufig einen Datenpunkt mehr als für das re-panel angegeben.

Ein kleines Beispiel des Normalisierens:

Tipp: Mit einer kleinen Schleife in einer Batchdatei bekommt die eigene Profilsammlung in einem Rutsch eine "Frischzellenkur" (siehe Beispeil "Smooth_all.bat")

Smoothing eines Profils

Bei Smoothing wird versucht eine möglichst glatte, kontinuierliche Profiloberfläche zu erhalten. „Unsauberkeiten“ (mir fällt gerade kein besseres Wort ein) entstehen leicht bei der manuellen Bearbeitung von Profilpunkten, als ungewolltes Ergebnis beim inversen Profildesign, durch Bugs in Programmen oder ganz profan, wenn die Koordinaten der Profildatei zu wenig Dezimalstellen haben.
Das Programm „Profil-Editor“ widmet sich auch dieser Aufgabenstellung und erlaubt Koordinatenpunkte mit hoher Genauigkeit manuell zu verschieben. Der Worker verfolgt hier einen programmatischen Ansatz bei dem versucht wird, so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich automatisch zu korrigieren. Ziel ist es, die grundlegenden Profileigenschaften möglichst nicht zu verändern.

Zum Einsatz kommt ein recht einfacher, leichtgewichtiger Algorithmus (Chaikin Corner Cut), der in seiner Funktion gut mit „Schmirgelpapier“ verglichen werden kann. Wenn das Smoothing mehrmals – zum Beispiel hunderte Male – auf ein Profil angewendet wird, beginnt auch das Profil langsam dünner zu werden. Also wie im richtigen Leben…

Zur Veranschaulichung noch ein Beispiel anhand eines durchaus bekannten Profils. Dargestellt als blau gestrichelte Linien ist die Krümmung (= 2. Ableitung) des Profil-Polygons. Die Zick-Zack-Linie ist vor allem das Ergebnis von nur 4 Dezimalstellen in der Profildatei. Rot gestrichelt dann das Ergebnis nach dem Smoothing und mit 7 Dezimalstellen.

Ein kleiner Hinweis: In manchen Fällen ergibt sich doch eine augenscheinliche Veränderung der Profileigenschaften, insbesondere bei den Profilmomenten. Die Ursache hierfür liegt dann vermutlich in einem „Mikro-Hinterkanten-Spoiler,“ der sich bei inversen Profildesign leicht einschleicht, mit bloßen Auge praktisch nicht erkennbar ist, den Momentenverlauf aber stark beeinflusst. Dieser Mikro-Spoiler wird beim Smoothing „gnadenlos“ abgetragen.

Und noch ein Hinweis: Die mit Xfoil_Worker erzeugten Profile sollten nicht weiter in Xflr5 bearbeitet oder gar gespeichert werden. Sonst kann man wieder von vorne anfangen. Xflr5 arbeitet in der aktuell verfügbaren Version 6.47 noch mit 5 Dezimalstellen und hat ein paar kleine Bugs bei der Änderungen von Dicke oder Wölbung...

Setzen der Wölbklappe

Beim Ausgangsprofil wird auf Basis der vorgegeben Parameter die Klappe auf den gewünschten Wert gesetzt.
Isoliert gesehen ist diese Funktion nicht besonders hilfreich. Interessant wird es dann aber mit …

Berechnen der Profilpolare

Die Polarenberechnung entspricht in den Möglichkeiten ungefähr denen von Xflr5. Es können sowohl Typ 1 als auch Typ 2 berechnet werden. Bei der Polarenberechnung wird versucht, „Ausreißer“, die beispielsweise durch Nicht-Konvergenz an einem Arbeitspunkt entstehen, zu erkennen und zu korrigieren.
Die Ergebnispolare wird im sogenannten „Xfoil-Format“ abgespeichert. In Xflr5 kann eine solche Polarendatei mit der Funktion „Import Xfoil Polar“ direkt wieder eingelesen werden.

Tipp: Im Dateiauswahl-Dialog von Xflr5 lassen sich alle erzeugten Polarendateien mit dem Suchfilter anzeigen, selektieren und anschließend mit „einem Schlag“ einlesen.
Und noch Hinweis: In der aktuellen Version von Xflr5 wird der Typ der importierten Polar nicht korrekt angezeigt, dadurch nicht verwirren lassen. Intern werden die Polare richtig zugeordnet.

Das Programm Xfoil_Worker ist Teil von Xoptfoil-JX und hier auf Github in der jeweils neuesten Version zu finden: https://github.com/jxjo/Xoptfoil/releases. Wer das Tool mal gschwind testen möchte, findet im Anhang die aktuelle Version in der Minimalkonfiguration einschließlich eines kleinen Beispiels.

Falls Ihr noch weitere Ideen habt, welche Aufgaben der Worker übernehmen könnte, schreibt sie doch hier rein. Bei genügend Bedarf wird der Worker gerne erweitert.

Viele Grüße

Jochen

(Tobias, danke für das kritische Testen und die spannenden Diskussionen über die Ergebnisse! Xfoil_Worker – Ein kleines Tool zur Profilbearbeitung (3) )

Xfoil_Worker – Ein kleines Tool zur Profilbearbeitung (2024)
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